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Vegetarische und vegane Ernährungsweise: Die Hintergründe

Vegane und vegetarische Ernährung liegt im Trend. Bereits seit Jahrzehnten wächst der Anteil der Vegetarier weltweit. Die meisten Vegetarier entscheiden sich aus ethischen Gründen, keine Tiere mehr zu essen: Massentierhaltung, Tiertransporte, Grausamkeit gegenüber Tieren und der Schlachtungsprozess stossen – berechtigterweise – ab.

Einige wenige entscheiden sich aus gesundheitlichen Gründen gegen Fleisch. Auch die, die aus ethischen Gründen zu Vegetariern wurden, sehen sich durch die gesundheitlichen Vorteile in ihrer Entscheidung bestätigt.

In den letzten Jahren unternahmen viele Menschen einen weiteren Schritt und wurden vegan, d. h. sie lehnen den Verzehr (und in vielen Fällen jegliche Nutzung) tierischer Produkte ab. Damit verschwinden auch Milchprodukte, Eier und Honig vom Speiseplan. Denn auch die Nutzung lebender Tiere bringt Grausamkeit gegen Tiere mit sich.

Aus diesem Grund entscheiden sich viele Vegetarier, vegan zu werden. Ein vielfach vorgebrachtes Argument ist auch der Klimawandel: Wälder – einschliesslich der tropischen Regenwälder – werden zugunsten der Tierhaltung gerodet und Methan, ein Gas, das Rinder durch Aufstossen und Darmwinde abgeben, trägt zur Erderwärmung bei. Diese Argumente sind nicht von der Hand zu weisen. Aber ist vegetarische oder gar vegane Ernährung für den Menschen artgerecht?

 

Anatomische Gegebenheiten

Ein Pandabär lebt vegan und gesund, in dem er Grünzeug isst vor einem Bach mit Holz, Bambus und Steinen.

Menschen werden gemeinhin als Omnivore – also Allesfresser – bezeichnet. Unsere Spezies hat das ausserordentliche Glück, eine breite Auswahl von Nahrungsmitteln essen zu können. Dieser Vorteil erlaubt es uns, in den verschiedensten Klimazonen und Jahreszeiten Essbares zu finden. Im Gegensatz dazu stehen Spezialisten, wie beispielsweise Koalabären, die ausschliesslich Eukalyptusblätter verzehren, oder Pandabären, die nur die Blätter, Sprossen und Zweige der Bambuspflanze fressen.

Auch unsere Anatomie ist die eines klassischen Allesfressers. Zwar haben wir nicht die Reisszähne der Raubtiere, andererseits aber auch nicht die riesigen Mahlzähne der reinen Pflanzenfresser. Das faserige Material von Pflanzen – vor allem der wilden Pflanzen – lässt sich nicht leicht zerkleinern, erfordert langes Kauen und Mahlbewegungen.

Als Menschen lernten, Feuer zu machen und es zum Kochen zu benutzen, wurde der Verzehr sowohl von Pflanzen als auch Fleisch einfacher. Unsere Kiefer verkleinerten sich. Durch Kochen konnten Menschen mehr Kalorien in kürzerer Zeit zu sich nehmen.

Der pH-Wert unseres Magens gleicht eher dem von Hunden und Löwen als dem einer Ziege, ist also der eines Fleischfressers. Spezies, die Fleisch fressen, haben ein grösseres Risiko, sich mit schädlichen Mikroorganismen zu infizieren als Pflanzenfresser.

Ein saurer Magen tötet die meisten unerwünschten Mikroben ab. Mit seinem langen Dünndarm und relativ kurzen Dickdarm ist auch unser Verdauungstrakt der eines Omnivoren. Die Zellwände von Pflanzen enthalten ein Kohlenhydrat namens Zellulose. Kein höheres Tier verfügt über die Enzyme, die notwendig sind, um Zellulose aufzuspalten. Das können die nur Mikroorganismen im Dickdarm. Eine Ernährung, die ausschliesslich aus rohem Pflanzenmaterial besteht erfordert einen langen Dickdarm, in dem die Mikroflora reichlich Zeit hat, Zellulose aufzuspalten. Ein Gorilla hat einen solchen Darm, wir Menschen nicht.

Die „Expensive Tissue Hypothesis“ (die „Hypothese des teuren Gewebes“) besagt, dass es für einen Organismus nicht möglich ist, sowohl einen energiehungrigen Darm als auch ein energiehungriges Gehirn zu haben. Das menschliche Gehirn, das nur etwa 2 Prozent unseres Körpergewichts ausmacht, verbraucht ca. 20 Prozent der zur Verfügung stehenden Energie.

Zum Vergleich: Das Gehirn eines Schimpansen kostet diesen lediglich 9 Prozent. Sein Verdauungstrakt benötigt allerdings bis zu 25 Prozent der verfügbaren Energie. Kein Tier kann sowohl ein teures Gehirn als auch einen teuren Verdauungstrakt unterhalten. So viele Kalorien könnte man gar nicht essen.

 

Vegan/Vegetarisch: Gesund in Sachen Nährstoffversorgung?

Ein Pandabär lebt vegan und gesund, in dem er Grünzeug isst vor einem Bach mit Holz, Bambus und Steinen.Nur weil wir eine breite Auswahl verschiedener Nahrungsmittel nutzen könnten, bedeutet das nicht unbedingt, dass wir sie auch alle essen müssen. Sofern eine vegetarische oder vegane Ernährung alle Nährstoffe bietet, die wir brauchen, gibt es keinen Grund, Tiere oder tierische Lebensmittel zu essen. Aber hat vor allem die vegane Ernährung alle Nährstoffe zu bieten?

Eine vollwertige Ernährung muss alle Makronährstoffe (Eiweiss, Fett und Kohlenhydrate) sowie bestimmte Mikronährstoffe (Vitamine, Mineralien und sekundäre Pflanzenstoffe) enthalten. Jedes Nahrungsmittel – mit Ausnahme der meisten Fette – enthält alle Makronährstoffe.

Eiweiss

Nicht alle Makronährstoffe sind gleich. Es gibt vier Gründe, warum tierisches Eiweiss pflanzlichen Proteinen überlegen ist:

  1. Tierisches Eiweiss ist im menschlichen Körper in hohem Masse bioverfügbar.
  2. Es ist nährstoffreich.
  3. Eiweiss aus tierischen Quellen enthält einen höheren Gehalt an essentiellen Aminosäuren als pflanzliches Eiweiss.
  4. Tierische Proteine enthalten höhere Mengen an schwefelhaltigen Aminosäuren, die für viele Aspekte der physiologischen Funktion entscheidend sind.

Es kommt nicht allein darauf an, wie viel Eiweiss in einem Nahrungsmittel enthalten sind, sondern auch darauf, wie sich dieses Eiweiss zusammensetzt. Der Wert für verdauliche, unentbehrliche Aminosäuren (DIAAS) ist ein wissenschaftlich geprüftes System zur Bewertung des Aminosäurenprofils und der Bioverfügbarkeit von Nahrungsproteinen.

Auf der DIAAS-Skala rangieren tierische Proteine in Bezug auf ihr Aminosäurenprofil und ihre Bioverfügbarkeit durchweg höher als pflanzliche Proteine. Auf der DIAAS-Skala stehen höhere Werte für robuste Aminosäurenwerte und hohe Bioverfügbarkeit, während niedrige Werte das Gegenteil bedeuten. Beispielsweise liegt der DIAAS-Wert für Eier bei 1,13, Rindfleisch bei 1,10 und Erdnussbutter bei nur 0,46.

Beta-Alanin ist eine nicht-essentielle Aminosäure, die die Vorstufe von Carnosin bildet, einem Eiweissmolekül, das für eine optimale Muskel- und Gehirnfunktion erforderlich ist. Beta-Alanin kommt in Fleisch, Geflügel und Fisch vor. Eine kleine Studie fand, dass Vegetarier und Veganer im Vergleich zu Omnivoren 50 Prozent weniger Carnosin in ihren Muskeln haben, was sich auf Kraft, Fitness und gesundes Altern auswirken kann.

Taurin ist eine nicht-essentielle Aminosäure, die unter Beteiligung von Vitamin B6 aus den essentiellen Aminosäuren Cystein und Methionin hergestellt wird. So muss man zwar nicht unbedingt Taurin-haltige Lebensmittel essen, um über Taurin verfügen zu können, Cystein und Methionin aber schon. Es ist wichtig für die Funktion der Herz-Kreislauf- und Skelettmuskulatur und stabilisiert die Zellmembranen. Es hat sich gezeigt, dass Veganer einen niedrigen Taurinspiegel haben, wahrscheinlich deshalb, weil die zugrundeliegenden essentiellen Aminosäuren nicht in ausreichender Menge verfügbar sind.

Fette

Es gibt zwei essentielle Fettsäuren, die der Körper nicht synthetisieren kann, und die deshalb mit der Nahrung aufgenommen werden müssen. Das sind die mehrfach ungesättigten Omega-3 und Omega-6-Fette. Zwar gibt es pflanzliche Omega-3-Fette (enthalten zum Beispiel in Lein-, Hanf- und Chiasamen, Walnüssen und Kürbiskernen), doch sind diese kurzkettig. Für die Gesundheit unserer Zellmembranen und vor allem für Nervenzellen, für die Herstellung von Hormonen und hormonartigen Molekülen benötigen wir jedoch langkettige Omega-3-Fettsäuren (EPA und DHA), die der Körper zwar aus pflanzlichem Omega-3 herstellen kann.

Jedoch ist diese Umwandlung nicht nur wenig effizient, sondern auch leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen. So gelingt in der Regel lediglich die Umwandlung von 5 bis 9 Prozent pflanzlicher Omega-3-Fette. Tierische Lebensmittel – vor allem fetter Seefisch, aber auch Fleisch und Milchprodukte aus Weidehaltung – enthalten bereits fertige, langkettige Omega-3-Fettsäuren, die so, wie sie sind verwendet werden können.

Vegetarier können den Anteil an langkettigen Omega-3-Fettsäuren dadurch erhöhen, dass sie „Omega-3-Eier“ verzehren. Dazu werden dem Hühnerfutter Omega-3-haltige Körner wie Leinsamen zugefügt. Dennoch sollten Vegetarier und vor allem Veganer EPA und DHA supplementieren. Empfehlen können wir dir unsere Fischöl Kapseln mit Omega 3.

Kohlenhydrate

Die vegetarische Ernährung enthält häufig weniger Eiweiss, dafür aber mehr Kohlenhydrate. Veganer kommen nicht um eine erhöhte Kohlenhydrataufnahme herum, denn ihre Eiweissquellen sind in der Regel gleichzeitig an Kohlenhydrate gebunden: Getreide, Hülsenfrüchte und Nüsse enthalten zwar Eiweiss, aber auch Kohlenhydrate.

Während tierisches Eiweiss alle essentiellen Aminosäuren enthält und somit „vollständiges Eiweiss“ darstellt, müssen Veganer Getreide mit Hülsenfrüchten kombinieren, um alle essentiellen Aminosäuren abzudecken. Dadurch entsteht bei vielen Vegetariern und allen Veganern eine erhöhte Kohlenhydrataufnahme, die sich ungünstig auf den Blutzuckerspiegel auswirken kann.

Mikronährstoffe

Nur weil eine Ernährungsform vegetarisch ist, ist sie nicht automatisch gesund. Die meisten Vegetarier und Veganer wissen das, informieren sich umfassend und gestalten ihre Ernährung so abwechslungs- und nährstoffreich wie möglich. Dennoch kommt es – vor allem ohne Supplementierung – häufig zu Mängeln an bestimmten Mikronährstoffen, nämlich vor allem an denen, die vornehmlich in tierischem Eiweiss enthalten sind.

Vitamin B12 ist für die Bildung roter Blutkörperchen, das Herz-Kreislauf- und das Nervensystem von entscheidender Bedeutung und kommt fast ausschliesslich in tierischen Proteinen vor, mit Ausnahme einer bestimmten Art von Meeresalgen und Wildpilzen. B12-Mangel ist weltweit verbreitet, insbesondere unter Vegetariern und Veganern, die nur wenig tierisches Eiweiss verzehren. Gut informierte Veganer wissen das und kaufen deshalb entweder Lebensmittel, die künstlich mit B12 angereichert wurden oder nehmen ein B12-Supplement, wie zum Beispiel Vita B12 von Arktis Biopharma.

Champignons, die zu einer gesunden vegetarischen und veganen Ernährung gehören sollten, liegen auf einem SchneidebrettEisen wird für die Bildung der roten Blutkörperchen, Nervenfunktion und andere physiologische Prozesse benötigt. Häm-Eisen ist die Form von Eisen, die ausschliesslich in tierischem Eiweiss vorkommt. Diese Art Eisen wird leicht absorbiert und steht dem Körper schnell zur Verfügung. Nicht hämatogenes Eisen, wie es in Getreide, Bohnen, Gemüse, Nüssen und Samen vorkommt, wird hingegen vom menschlichen Körper viel schlechter aufgenommen. Eisenmangel ist bei Vegetariern und Veganern weit verbreitet, da diese Ernährungsformen keinerlei Häm-Eisen liefern. Bei Frauen geht mit jeder Menstruationsblutung Eisen verloren, besonders, wenn es sich um starke Blutungen handelt. Vegetarierinnen und Veganerinnen, sollten unbedingt regelmässig ihren Eisenspiegel überprüfen lassen.

Jod wird für die Herstellung von Schilddrüsenhormonen benötigt. Da die besten Jodquellen tierischer Herkunft sind, wird bei Vegetariern, vor allem aber Veganern häufig ein zu niedriger Jodspiegel festgestellt. Der regelmässige Verzehr von Meeresalgen und Jodsalz kann hier Abhilfe schaffen.

Zink ist entscheidend für Zellwachstum und -teilung, Wundheilung, Immunfunktion und das Nervensystem. Lebensmittel tierischen Ursprungs, wie Austern, rotes Fleisch, Rinderleber und Geflügel, enthalten bioverfügbares Zink. Fleischlose Diäten sind mit einem niedrigen Zinkstatus verbunden.

Gesund auch mit vegetarischer oder veganer Ernährung?

Physiologisch sind wir Allesfresser. Eine ausgewogene omnivore Ernährung aus echten Lebensmitteln liefert dem menschlichen Körper alles, was er braucht. Die omnivore Ernährung ist (noch) die verbreitetste Ernährungsform der Menschen – gesund sind wir deshalb jedoch nicht, weil wir uns zunehmend auf massenproduzierte und hoch verarbeitete Industrienahrungsmittel verlassen.

Viele Vegetarier und Veganer sind wesentlich besser über unsere Nährstoffbedürfnisse informiert als der durchschnittliche Konsument und geben sich die grösste Mühe, alle wesentlichen Nährstoffe in ihre Diät einzubauen. Dennoch kommen gerade Veganer um Supplementierung nicht umhin. Geeignete Produkte, die wir empfehlen sind Aminosäuren (z. B. Arktiamin) Omega-3-Fettsäuren (z. B. Lindaren Omega-3-D3-Plus für Vegetarier, die Fisch essen), Vitamin B12  und Arktibiotic Premium

Wenn du mehr über dieses Thema erfahren möchtest, empfehlen wir, dir die Episode Nr. 102 des Darmglück-Podcasts von Julia Gruber, in der sie sich mit der Biologin und Ernährungsberaterin Julia Tulipan über vegane und vegetarische Ernährung unterhält.

 

 


[1] Beasley DE, Koltz AM, Lambert JE et al (2015): The Evolution of Stomach Acidity and Its Relevance to the Human Microbiome. PLoS One. 2015; 10(7): e0134116.

[2] Watts ME, Pocock R, Claudianos C (2018): Brain Energy and Oxygen Metabolism: Emerging Role in Normal Function and Disease. Front. Mol. Neurosci., 22 June 2018

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[4] Harris RC, Jones G, Hill CA et al (2007): The Carnosine Content of V Lateralis in Vegetarians and Omnivores. The FASEB Journal, 21: A944-A944.

[5] Laidlaw SA, Shultz TD, Cecchino JT, Kopple JD (1988): Plasma and urine taurine levels in vegans. Am J Clin Nutr. 1988;47(4):660-663.

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[9] Rogerson D (2017): Vegan diets: practical advice for athletes and exercisers. J Int Soc Sports Nutr. 2017;14:36.

Julia Gruber

Julia Gruber

Julia Gruber ist Ernährungs-Coach, Mitinhaberin von Gruber Gesundheit und Arktis BioPharma Schweiz und Entwicklerin des Onlinekurses Darmglück. Ursprünglich kommt sie vom Hotelfach, hat also die Wichtigkeit der Ernährung als Bestandteil unserer Kultur auch von der Geniesser-Seite her erlebt. Deswegen ist ihr Motto auch: Gesunde Ernährung muss lecker sein und Spass machen, sonst ist sie nicht gesund. Sie kocht gerne, liebt ihre Aufenthalte in Mallorca und ist ganz allgemein ein umgänglicher und fröhlicher Mensch.

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